Dr. Sabine Siemer
Kunsthistorikerin, Autorin
mail: kontakt@sabine-siemer.de
Dr. Sabine Siemer
Kunsthistorikerin, Autorin
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Sabine Siemer
Dr. phil., Dr. rer. nat.

Aktuelles

Streifzug durch die Kunstgeschichte: Die Malerei von 800 bis 1850

In dem Kurs wird anhand von ausgewählten Kunstwerken ein Überblick über die europäische Malerei von 800 bis 1850 erarbeitet. Nach einem einführenden Vortrag in die jeweilige Epoche steht die gemeinsame Betrachtung und Diskussion von Kunstwerken im Vordergrund. Ziel ist es, die einzelnen Stilepochen mit ihren wichtigsten Künstlern im jeweiligen Umfeld kennenzulernen und Freude an der gemeinsamen Beschäftigung mit besonderen Werken der Malerei zu vermitteln.

Mo, ab 3.2.25, 9.30 - 11 Uhr, 8 Treffen
beim Volksbildungswerk Wiesbaden Bierstadt

Weitere informationen unter

Eine Dorfkirche erzählt: Geschichten aus tausend Jahren und einem Tag

Jezt erhältlich für 10 Euro. Bei Interesse schreiben Sie mir gerne eine Nachricht.

Bücher

Eine Dorfkirche erzählt: Geschichten aus tausend Jahren und einem Tag

Alte Dorfkirchen können Geschichten erzählen. Romanische Steine, gotische Fresken, Tafelbilder aus der Renaissancezeit und barocke Altäre – sie alle zeugen vom Leben, Denken und Glauben der Menschen aus früheren Zeiten. Tauchen wir also ein in die Vergangenheit einer Dorfkirche und stellen uns die Frage: Wie könnte es früher gewesen sein? Sieben kurze Geschichten und ihre historischen Hintergründe laden zu einer Zeitreise ein, um dem Zauber der Vergangenheit nachzuspüren.

Wiesbaden (2024)

Dürers Passionsdarstellungen: Theologie und Betrachterrezeption

Warum steht in Dürers Passionsfolgen die Höllenfahrt Christi unmittelbar hinter der Kreuzigung und nicht, wie theologisch und traditionell-künstlerisch zu erwarten, vor der Auferstehung? Diese Frage war der Anstoß für die interdisziplinäre Dissertation zu Albrecht Dürers Passionsdarstellungen. Darin wird einerseits untersucht, welche theologischen Botschaften der Nürnberger Künstler in seinen Passionswerken vermittelt und inwiefern er dabei schon (vor-)reformatorische Ideen realisiert. Andererseits wird gefragt, wie Dürer den Betrachter in seinen Darstellungen einbezieht und ihn – angeregt durch das neue Menschenbild des Humanismus – zu einem neuen, eigenständigen Nachdenken über die Passion Jesu herausfordert.

Heidelberg (2023) Mehr Informationen auf der Seite der UB der Uni Heidelberg
Ausstellungsführungen der letzten Jahre
Meditative Bildbetrachtung

Martin Caldenbach: Geburt Jesu (um 1505)

Altarbild in der Ev. Kirche Wiesbaden-Bierstadt, Bildbetrachtung zur Weihnachtszeit

Es ist Weihnachten.
Das Jesuskind ist geboren.
Gott wird Mensch und kommt zu uns auf die Erde.

Das zeigt uns auch der Frankfurter Maler Martin Caldenbach auf seinem Gemälde zur Geburt Jesu. Es wurde vor über 500 Jahren gemalt und schmückt bis heute als Altarbild die tausend Jahre alte Kirche in Wiesbaden-Bierstadt. Schauen wir uns das Bild an:

In der Mitte sehen wir Maria. Sie trägt ein blaues Kleid und einen weißen Umhang. Ihr langes, rötliches Haar fällt weich und lockig über ihre Schultern. Liebevoll schaut sie zu dem Jesuskind hinab, das vor ihr auf dem Boden liegt. Mit erhobenen Händchen blickt es zu seiner Mutter auf. Ochs und Esel betrachten das Kind, zwei kleine Engel in glänzenden Gewändern stehen betend dabei. Josef kommt mit einer Kerze dazu. Im Hintergrund sind weidende Schafe und zwei heraneilende Hirten zu sehen.

Alles scheint friedlich und idyllisch.
Es ist Weihnachten.

Und doch sind in dieser Heiligen Nacht zwei Dinge ungewöhnlich:

Da ist zum einen das kleine Jesuskind, das nicht – wie im Lukas-Evangelium berichtet – in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt, sondern nackt, nur von dem Tuch seiner der Mutter geschützt, auf dem harten Erdboden ruht. Da ist zum anderen das Ambiente, das so gar nicht zu einem Stall mit Heu und Stroh passen will, sondern viel eher an eine steinerne Ruine erinnert.

Wie können wir diese ungewöhnlichen Bildelemente deuten?

An Weihnachten nimmt Gott Menschengestalt an. Jesus Christus kommt als wahrer Mensch und wahrer Gott zu uns. Beides zeigt uns der Maler Martin Caldenbach in seinem Bild: Das kleine, nackte, hilflos am Boden liegende Kind verweist auf die Menschlichkeit Jesu. Der Heiligenschein deutet dagegen die Göttlichkeit Christi an. Jesus Christus ist Mensch und Gott. Und möchte doch unser Bruder sein.

Und warum verlegt der Maler die Geburt Jesu in eine Ruine? Vielleicht möchte er damit sagen: Jesus Christus kommt an Weihnachten in unsere Welt. Aber diese Welt ist nicht immer heil. Auch wir haben an Weihnachten trotz des Lichts der Kerzen und der Gemeinschaft mit lieben Menschen Sorgen und Ängste. Das kleine Jesuskind in Caldenbachs Weihnachtsbild ruft uns zu: Was auch immer euch belastet oder niederdrückt, ich bin da. Ich bin bei euch. Was immer auch geschieht.

Und woher sollen wir die Gewissheit nehmen, dass dieses kleine Kind uns aus aller Not errettet und zu uns in unsere unheilige Welt kommt?

Auch darauf gibt das Bild eine Antwort: Da ist der goldene Hintergrund, der die gesamte Szenerie der Geburt Jesu in ein übernatürliches und damit göttliches Licht taucht. Wir dürfen darauf vertrauen, dass mit der Geburt des kleinen Jesuskindes Gott selbst zu uns kommt. Ist das nicht eine wunderbare und tröstliche Zusage?

Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938): Frauen am Potsdamer Platz (1914)

Holzschnitt, 51/52 x 37,5 cm, Bildbetrachtung

Im Jahr 1911 kommt der 31 jährige deutsche Künstler Ernst-Ludwig Kirchner aus dem eher provinziellen Dresden in die moderne Millionenmetropole Berlin. Dort fasziniert ihn vor allem das Leben auf den nächtlichen Straßen, das er in zahlreichen Werken festhält So auch auf dem Holzschnitt „Frauen am Potsdamer Platz“ aus dem Jahr 1914. Schauen wir uns das Bild an:

Es ist Nacht. Der Halbmond steht am Himmel. Doch auf dem Potsdamer Platz herrscht immer noch reges Treiben.

In Vordergrund auf einer kleinen runden Verkehrsinsel stehen zwei elegant gekleidete Damen. Mit ihren hochhackigen Schuhen, den langen, schwarzen Mänteln, den dunklen Hüten samt Federboas neben sie fast die gesamte Bildhöhe ein. Die beiden Frauen sind Prostituierte – Kokotten, wie Kirchner sie nennt. Von links schreitet ein dunkelgekleideter Mann mit Hut auf sie zu. Weitere Männer stehen vor dem großen Bahnhofsgebäude im Hintergrund und schauen starr zu ihnen hinüber. All diese Männer sind klein und schattenhaft, gesichtslos-anonyme Wesen. Angezogen vom Anblick der beiden Kokotten wie Motten vom Licht.

Kirchner thematisiert in diesem Bild das Wechselspiel von Mann und Frau. Dabei sind die Frauen die dominanten Figuren. Mit ihrer Bildpräsenz und ihrer Individualität lassen sie die kleinen, gesichtslosen Männer wie seelenlose Marionetten wirken.

Doch warum gibt Kirchner den Kokotten solch eine Dominanz? Die Prostitution ist 1914, im Entstehungsjahr des Bildes, in Berlin verboten. Trotzdem gibt es 20.000 Prostituierte, die sich Nacht für Nacht ihren Freiern präsentieren und so ihren Lebensunterhalt verdienen. Kirchner sieht in diesen Kokotten den Inbegriff der modernen, unabhängigen Frau. Die – wie er selbst als Künstler – außerhalb der gesellschaftlichen Normen stehen.

Die beiden Kokotten stehen im flirrenden Licht des nächtlichen Potsdamer Platzes. Doch dieser Platz scheint keiner Perspektive zu folgen. Wir sehen die Verkehrsinsel in Aufsicht, das Bahnhofsgebäude dagegen in Untersicht. Die Treppe und die Rundbögen des Bahnhofs sind verzerrt. Es gibt keinen Halt mehr in dieser nächtlichen Szene. Verzogen und verzerrt umgibt die Architektur die Menschen in der Anonymität der Großstadt, die aus den Fugen geraten zu sein scheint.

Damit spiegelt diese Szene wohl auch die Psyche des Künstlers selbst wieder, der über seine Straßenszenen in sein Tagebuch schreibt: „Sie sind entstanden […] in einer der einsamsten Zeiten meines Lebens, in der mich eine qualvolle Unruhe Tag und Nacht immer wieder hinaustrieb, in die langen Straßen voller Menschen und Wagen.“

Kirchner gelingt es, seine Einsamkeit und seine quälende innere Unruhe, die er nach dem Zerfall der Künstlergemeinschaft „Brücke“ spürt, in seine Straßenszenen zu übertragen. Vielleicht ist es gerade diese Authentizität, die die Straßenszenen zu den eindrücklichsten Werken macht, die wir im deutschen Expressionismus kennen.

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